Zur Sittenwidrigkeit eines Partnervermittlungsvertrages

OLG Düsseldorf, Urteil vom 3. Juli 2009 – 24 U 34/09

Zur Sittenwidrigkeit eines Partnervermittlungsvertrages

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der für den 22. September 2009 geplante Senatstermin findet nicht statt.

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist zutreffend. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 30. März 2009 und im Schriftsatz vom 22. Mai 2009 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 7.999,– aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu, weil der zwischen den Parteien geschlossene Partnervermittlungsvertrag vom 03. September 2003 – der ein Dienstvertrag ist (vgl. BGH NJW 1983, 2817; 1984, 2407; 2008, 982; Palandt/Sprau, BGB, § 656 Rn. 1 a) – wegen eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig und damit nichtig ist, § 138 Abs. 1 BGB. Das so Erlangte hat die Beklagte dem Kläger deshalb zurückzuzahlen.

1.

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt, es mithin nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Hierbei ist weder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit noch eine Schädigungsabsicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt. Dem steht es gleich, wenn sich jemand bewusst oder grob fahrlässig der Kenntnis erheblicher Tatsachen verschließt (BGH WM 1998, 513 (514); NJW 2001, 1127).

Danach können gegenseitige Verträge, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht erfüllt ist, nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem zumindest ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt (z.B. Ausnutzen der wirtschaftlich schwächeren Position des Vertragspartners, Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit). Ist indes das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, so kann dies den Schluss auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstands rechtfertigen (BGH WM 1980, 597; WM 1981, 404 (405); NJW 1992, 899 (890); NJW 2000, 1487 (1488); NJW 1994, 1275; NJW-RR 2000, 1431; NJW 2001, 1127 (1128)). Als Faustregel gilt, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, sobald der Wert einer vertraglich vereinbarten Leistung und deren marktüblicher Wert im Verhältnis 1 zu 2 stehen. Ein besonders auffälliges, grobes Missverhältnis ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon dann anzunehmen, wenn der Wert der Leistung knapp bzw. annähernd doppelt so hoch ist wie derjenige der Gegenleistung (BGH WM 1980, 597 f.; NJW 1994, 1344 (1377); WM 1997, 230 (232); NJW 2000, 1254 (1255); BGHZ 146, 298 (302); ZIP 2003, 23; Staudinger/Sack, BGB – Neubearbeitung 2003, § 138 Rn. 179 m.w.N.). Werden diese Größenordnungen nicht erreicht, kann dennoch ein grobes Missverhältnis bestehen, wenn weitere nachteilige Vertragsbedingungen für eine Partei hinzutreten (BGHZ 110, 336 (341 f.; BGH WM 1997, 230 (232)). Im Einzelfall ist auch schon bei weniger als 100 % ein überhöhter Preis anzunehmen (so zu Pachtzinsen grundlegend BGHZ 141, 257; vgl. auch Staudinger/Sack, a.a.O., § 138 Rn. 179).

Maßgeblich sind immer nur die objektiven Werte von Leistung und Gegenleistung (st. Rpsr. BGH WM 1969, 1255 (1257); WM 1984, 874 (875); NJW 1996, 1204; NJW 1999, 3187 (3190); NJW 2000, 1254 (1255); BGHZ 146, 298 (303); Staudinger/Sack, a.a.O., § 138 Rn. 177 m.w.N.). Ein Affektionsinteresse hat außer Betracht zu bleiben (BGH NJW-RR 1993, 198 (199); Staudinger/Sack, a.a.O., § 138 Rn. 177). Entscheidend ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BGHZ 20, 71 (73); BGH WM 1966, 585 (589); BGHZ 107, 92 (96 f.); NJW 2000, 1254 (1255)). Zu berücksichtigen ist bei der Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses auch, ob und in welchem Umfang die Werte von Leistung und Gegenleistung mit einem Verlustrisiko bzw. einer Gewinnchance verbunden waren (Staudinger/Sack, a.a.O., § 138 Rn. 180 m.w.N.).

Die genannte Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit bezieht sich nicht nur auf Grundstücksgeschäfte (BGH NJW 2001, 1127 ff.). Denn die vom Bundesgerichtshof dort angestellten Überlegungen werden von ihm ausdrücklich auch bei anderen Fällen des Leistungsaustauschs für anwendbar erklärt. Ausreichend ist, wenn allein der objektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB durch ein entsprechendes Äquivalenzmissverhältnis erfüllt ist (BGH NJW 2001, 1127 (1128 r. Sp.) unter Hinweis auf Kreditverträge: BGHZ 98, 174, 104, 102 (107); für Maklerverträge: BGHZ 125, 135 (140); BGH NJW 2000, 2669 (2670); für Finanzierungsleasing: BGHZ 128, 255 (267); für Kaufverträge: BGH NJW-RR 1991,589; NJW 1992, 899 (900); DtZ 1997, 66; NJW-RR 1998, 932 (934); Zinsüberschreitung um 100 %: BGHZ 110, 336 (338 ff.); NJW 1990, 1595).

2.

Diese Voraussetzungen für die Annahme eines besonders auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung liegen im zu entscheidenden Fall vor, weshalb von einem wucherähnlichen Geschäft auszugehen ist. Denn das übliche Honorar für Leistungen, die die Beklagte nach dem Partnerschaftsvermittlungsvertrag vom 16. November 2005 zu erbringen hatte, liegt bei EUR 2.000 bis 3.000,–, während sich die Beklagte EUR 7.999,– ausbedungen hat. Dies bedeutet – je nach rechnerischem Ansatz – eine Mehrforderung von 160 % bis nahezu 300 %. Geht man von einem Mittelwert von EUR 2.500,– für vergleichbare Leistungen aus, so ergibt dies eine Überschreitung um 200 %.

Dass dieser Rahmen den praktischen Gegebenheiten entspricht, wird auch daraus deutlich, dass im Schrifttum (MünchKomm/Roth, BGB, 5. Auflage 2009, § 656 Rn. 20) unter Hinweis auf diverse Entscheidungen ein Betrag in einer Größenordnung von EUR 2.000,– bis 3.500,– pro Vertrag genannt wird. Dafür erhält der Kunde meist innerhalb von sechs oder zwölf Monaten Vorschläge des betreffenden Instituts. Für Verträge mit „hohem Anforderungsprofil“ (vgl. hierzu OLG Koblenz NJW-RR 2004, 268, „Sondervereinbarung VIP-Vertrag“) mögen auch höhere Summen beanstandungsfrei in Ansatz gebracht werden können. Ein solches Anforderungsprofil lag im hier zu entscheidenden Fall indes nicht vor, weshalb dies und die insoweit zitierte Rechtsprechung außer Betracht bleiben können.

a.

In den von der Beklagten aufgeführten zahlreichen Entscheidungen anderer Gerichte, die eine Sittenwidrigkeit bei Zahlung ähnlicher Beträge als nicht gegeben ansahen, waren ersichtlich keine Feststellungen zur Angemessenheit des Honorars erfolgt. Dies ging zu Lasten des jeweils darlegungs- und beweisbelasteten Kunden.

Im Unterschied dazu hat die Beklagte hier die vom Landgericht im Beschluss vom 31. Januar 2008 formulierte Beweisfrage: „Werden von anderen nationalen Partnervermittlungen für Leistungen, die denen, die die Beklagte nach dem von ihr verwendeten Vermittlungsvertrag zu erbringen hat, vergleichbar sind, lediglich 2.000 – 3.000 EUR berechnet?“ ausdrücklich im Schriftsatz vom 18. Februar 2008 „unstreitig gestellt“. Damit hat sie nicht nur das entsprechende Vorbringen des Klägers unbestritten gelassen und im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden, sondern gemäß § 288 ZPO ein gerichtliches Geständnis abgelegt. Auch wenn die Beklagte Worte wie „es trifft zu“, „es wird eingeräumt“ oder dergleichen nicht verwendet hat, hat sie damit doch das Vorbringen ausdrücklich dem Streit der Parteien entzogen (vgl. hierzu BGH NJW 1994, 3109 = MDR 95, 90; OLG Düsseldorf OLGR 2008, 70) und auch einen entsprechenden Geständniswillen zum Ausdruck gebracht (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 3). Mit dem Zugeständnis der Richtigkeit der klägerischen Tatsachenbehauptung kann diese ungeprüft zur Urteilsgrundlage gemacht werden (vgl. BGH MDR 2005, 1307; Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 288 Rn. 1). Dazu gehören auch juristisch eingekleidete Tatsachen (vgl. BGH NJW-RR 2007), wie die Angemessenheit des Partnerschaftsvermittlungshonorars.

Das Landgericht hat die zunächst abweichend gefasste Beweisfrage im Beschluss vom 31. Januar 2008, wie oben dargestellt, formuliert. Mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätte die Angemessenheit des Honorars der Beklagten dann einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können. Schon aus der Bezeichnung „andere nationale Partnervermittlungen“ wird deutlich, dass nicht irgendein anderes, „kleines Institut in Ostbayern“ – so die Beklagte -, sondern eine Mehrzahl derselben gemeint war. Je nachdem, welche Erkenntnisse die Beweisaufnahme erbracht hätte, hätte das Gericht im Wege der Beweiswürdigung beurteilen können, ob ihm diese als Grundlage zur Feststellung eines „marktüblichen“ Honorars ausreichten. Da die Beklagte die gestellte Beweisfrage im Sinne des Klägers unstreitig gestellt hat, war somit eine Vergleichsgrundlage zur Ermittlung der Angemessenheit des Honorars vorhanden.

Über diesen Sachverhalt haben die Parteien am 7. Dezember 2008 durch Bezugnahme auf die Anträge der Sitzung vom 2. November 2007 verhandelt.

Die Beklagte will diese Äußerung allerdings nunmehr so verstanden wissen, dass es in Deutschland zweifellos in strukturschwachen Gegenden durchaus kleinere, „aus dem häuslichen Wohnzimmer heraus“ agierende Anbieter geben könne. Von deren „Dumpingpreisen“, mit denen sie offensichtlich die genannten EUR 2.000,– bis 3.000,– meint, dürfe nicht ausgegangen werden. Wesentlich seien nämlich die Größe und die Kostenstruktur des Instituts. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dieses Verständnis verkennt, dass allein das Wertverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entscheidend ist und die Kostenstruktur eines Instituts den Wert der Leistung nicht entscheidend beeinflussen kann. Ein unwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen kann die gleiche Leistung erbringen wie ein wirtschaftlich arbeitendes, weil die Anzahl und die Eignung der Partnervorschläge ausschlaggebend sind. Auch die überregionale Tätigkeit der Beklagten beeinflusst den Wert ihrer Leistungen nicht maßgeblich. Sie mag zwar einerseits auf eine größere Anzahl vermittlungswilliger Interessenten zurückgreifen können, andererseits dürfte eine nur regional tätige Agentur den Vorteil haben, dass eine Vermittlung jedenfalls nicht an der räumlichen Entfernung der Partner zueinander scheitert. Dass die Beklagte – wie dies senatsbekannt in der Branche auch häufig anzutreffen sein dürfte (vgl. insoweit auch Beschluss des Senats, MDR 2008, 133 f. = OLGR Düsseldorf 2008, 101 ff. = FamRZ 2008, 1252 ff.) – die von ihr geschuldeten Leistungen nur sehr vage umschrieben hat, steht einem Vergleich mit anderen Instituten nicht entgegen, sondern begünstigt ihn sogar. Im Vordergrund stehen nämlich die Anzahl der geschuldeten Vorschläge und die Höhe des hierfür geschuldeten Honorars. Dabei fällt naturgemäß ins Gewicht, dass weder die Beklagte noch andere Institute regelmäßig für die Eignung ihrer Vorschläge einstehen wollen bzw. können. Die Faktoren Anzahl und Honorar lassen sich jedoch ohne weiteres an den Angeboten vergleichbarer Institute (traditionelle Partnervermittlungen, keine Kontaktsuche mit Hilfe von Internet-Websites wie beispielsweise www.neu.de) messen.

Die von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung, das vereinbarte Honorar sei „keinesfalls sittenwidrig, sondern für vergleichbare Leistungen in der Branche absolut üblich“, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Sofern darin ein Widerruf des Geständnisses liegen soll, liegen die gemäß § 290 ZPO erforderlichen Voraussetzungen (Unrichtigkeit, Irrtum) nicht vor. Sie sind weder ersichtlich, noch hat die Beklagte dazu vorgetragen. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 30. März 2009 meint, diese Frage sei aus ihrer Sicht nicht entscheidungserheblich gewesen, so ist dies aus den genannten Gründen von Rechtsirrtum beeinflusst und unbeachtlich.

Auch die von der Beklagten vorgelegte Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 23. April 2009 (Az. 1 O 32/09) gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer anderen Würdigung. Abgesehen davon, dass die Rechtskraft dieses Urteils nicht ersichtlich ist, verweist das Landgericht auf drei Entscheidungen anderer Landgerichte, in denen eine vergleichbare Anzahl von Vorschlägen geschuldet und ein in etwa vergleichbar hohes Honorar vereinbart worden war. Die zwei genannten Entscheidungen des Landgerichts Mönchengladbach enthalten zu einem Marktpreis keine eigenen Feststellungen, weil ein solcher mangels entsprechenden Vorbringens der Anspruchsteller nicht ermittelt werden konnte. Im Übrigen erscheint es fragwürdig, anhand von Beträgen aus drei Urteilen einen „Marktpreis“ ermitteln zu wollen. Die Klärung einer solchen Frage dürfte einem entsprechenden Sachverständigengutachten, welches eine größere Anzahl von Instituten einbezieht, vorbehalten sein. Im zu entscheidenden Fall war die Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens aufgrund des gerichtlichen Geständnisses der Beklagten jedoch nicht erforderlich.

Dasselbe gilt für das von der Beklagten vorgelegte Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Mai 2009 (3 O 348/08).

b.

Die hier vorliegende Überschreitung des angemessenen durch das vereinbarte Honorar um 200 % (Mittelwert) rechtfertigt für sich genommen schon die Annahme, dass ein besonders grobes Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung gegeben ist und der Vertrag deshalb sittenwidrig und nichtig ist. Zudem kann ergänzend in Betracht gezogen werden, dass der Kläger keine Erfolgsgarantie erhielt. Auch wenn dem Senat nicht bekannt ist, mit welcher Erfolgsquote Partnervermittlungen arbeiten, lässt sich doch aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten, die vom Senat und anderen Gerichten zu entscheiden waren, ersehen, dass derartige Vermittlungen oft nicht den gewünschten Erfolg haben. Der Kunde hat also ein nicht unerhebliches Risiko, einen größeren Geldbetrag für einen letztlich ungewissen Erfolg aufwenden zu müssen, was bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit entsprechend den unter I. 1. dargelegten Grundsätzen ebenfalls zu beachten ist. Auf eine eher geringe Erfolgsquote deutet auch die Äußerung im Schreiben des vom Kläger als Zeugen benannten C. vom 14. März 2008 hin: „Allein entscheidend ist letztlich der Erfolg, und der dürfte bei den meisten PVs sowieso nicht vorhanden sein.“.

Gestützt wird die Annahme der Sittenwidrigkeit zusätzlich durch folgende Umstände des Geschäftsgebarens der Beklagten während und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang nach dem Vertragsschluss:

– Der Kläger erhielt unstreitig am Tag des Vertragsschlusses keine Ausfertigung des Vertrages. Erst eine Woche später, nachdem auch die Zahlung erfolgt war, bekam er diese übersandt, allerdings, wie er unbestritten vorgetragen hat, in nicht lesbarer Form.

– Der Kläger unterzeichnete ferner eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung, in der er auf das Recht zur Kündigung nach § 627 BGB verzichtete. Seine Rechte sollten nach dem Willen der Beklagten auf die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB beschränkt werden. Diese Klausel ist hier zwar nicht wirksam vereinbart worden. Die dafür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, dass der Inhalt des von ihr zur Verfügung gestellten Formulars nicht bloß einbezogen, sondern auch ausgehandelt worden ist (vgl. BGHZ 83, 58; NJW 1998, 2600; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Auflage, § 305 Rn. 24) Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, weshalb eine solche Klausel auch als unwirksam erachtet wird (BGH NJW 2005, 2543 f.).Bei nicht leicht verständlichen Klauseln muss nämlich der Verwender den Gegner über deren Sinn und Tragweite belehren. In der unzureichenden Belehrung zeigt sich aber deutlich, dass die Beklagte auf einen schnellen, so nicht berechtigten Geschäftsabschluss aus war.

– Des weiteren suchte ein Mitarbeiter der Beklagten den Kläger am Tag nach dem Vertragsschluss auf und begleitete ihn zur Bank, um sich unmittelbar danach das Honorar in bar auszahlen zu lassen. Da der Kläger bei Vertragsschluss angegeben hatte, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.300,– verfüge und er das Honorar nur durch die Zahlung monatlicher Raten von EUR 100,– begleichen könne, er zudem seine finanziellen Verhältnisse offengelegt hatte, wusste die Beklagte, dass der Betrag, der mehr als sechs Netto-Löhnen entsprach, den Kläger finanziell erheblich belasten würde. Diese Vorgehensweise, die hinsichtlich der Bankbegleitung offensichtlich auch den „Gepflogenheiten“ der Beklagten entspricht, zwang den Kläger dazu, innerhalb kurzer Zeit, ohne hinreichende Überlegungs- und Beratungsmöglichkeit zu entscheiden, wie er sich das Geld verschaffen könne. Dies führte dazu, dass er seine Dispositionskreditlinie auf EUR 8.000,– erweiterte und einen Bausparvertrag kündigte. Soweit die Beklagte dieses Vorgehen damit rechtfertigt, sie könne sich ihre Bemühungen sparen, wenn feststünde, dass der Kunde ein Bankdarlehen nicht erhalten werde, ist dies nicht nachvollziehbar. Es stand der Beklagten offen die Gutschrift einer Banküberweisung abzuwarten, bevor sie tätig wurde.

– Diese für den Kläger nachteilige Vorgehensweise zeigt sich auch in Folgendem: Bei dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Vermittlungsvertrag handelte es sich um einen Vertrag, der nach den besonderen Voraussetzungen des Haustürgeschäfts mit dem Kläger als Verbraucher (§ 13 BGB) zustande gekommen ist (§ 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass eine Mitarbeiterin der Beklagten sich nach seiner telefonischen Kontaktaufnahme für ein „ausführliches Beratungsgespräch“ angekündigt hatte. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die zum Vertragsschluss führenden Verhandlungen der Parteien auf einer selbstbestimmten Initiative des Klägers, nämlich einer „vorhergehenden Bestellung“ beruht haben (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB; vgl. hierzu auch Senat a.a.O.). Dem Kläger stand somit ein Recht zum Widerruf seiner Vertragserklärung zu. Das Widerrufsrecht soll den Verbraucher vor vertraglichen Bindungen schützen, die er möglicherweise übereilt, ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 355 Rn. 3). Auch wenn es hier nicht im Einzelnen auf die Rückabwicklung des Haustürgeschäfts gemäß §§ 355, 357, 346 BGB ankommt, hat es die Beklagte in anstößiger Weise vorgezogen, den Kläger darüber im Unklaren zu lassen, und ihm zunächst kein und danach ein kaum lesbares Vertragsformular überlassen sowie ihn unmittelbar am Tag nach dem Vertragsschluss zur Entgegennahme des Honorars in bar zur Bank zu begleiten. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

– Zudem handelte es sich bei der Dame, auf deren Beschreibung und Foto der Kläger durch eine Zeitungsanzeige in einem regionalen Sonntagsblatt aufmerksam wurde (vgl. Anzeige des Klägers bei der Polizeistation Garrel vom 26. Januar 2007) offensichtlich um einen „Lockvogel“. Auch wenn davon auszugehen ist, dass jene Dame grundsätzlich zur Vermittlung zur Verfügung stand, war sie offensichtlich nicht bereit, mit einem Herrn am Wohnsitz des Klägers in Kontakt zu treten. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass ihm die Beklagte schon die Weitergabe der Daten der Dame unter Hinweis darauf verweigert habe, diese wohne zu weit entfernt. Auch wenn der Bundesgerichtshof (NJW 2008, 982 ff.) in dieser Weise angebahnte Vertragsverhältnisse nicht allein deshalb als sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB bewertet hat, so hat er doch ausgeführt, dass darin eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 BGB liegen könne. Hiervon muss im Rahmen der Würdigung aller Umstände dieses Einzelfalls zu Lasten der Beklagten ausgegangen werden, wenn sie in einer Regionalzeitung mit dem Foto einer Dame wirbt, die gar nicht in diese Region vermittelt werden will.

3.

Liegt – wie hier – ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, so besteht nach der Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung, die in der Regel eine Prüfung der subjektiven Voraussetzungen entbehrlich macht und die Sittenwidrigkeit des Vertrages begründet (BGH NJW 2001, 1127; 2002, 429; 3165; WM 2008, 967; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 138 Rn. 34 a). Hierbei handelt es sich jedenfalls um eine beweiserleichternde tatsächliche Vermutung, die vom Tatrichter im Bereich der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist. Sie kann nur dann nicht zur Anwendung kommen, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert ist (BGH NJW 2001, 1127 (1128 f.) m.w.N.). Hiervon kann in dem zu entscheidenden Fall indes nicht ausgegangen werden. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich eher das Gegenteil.

Die verwerfliche Gesinnung der Beklagten wird auch nicht durch die von ihr vorgelegten Urteile beseitigt, in denen keine Sittenwidrigkeit ihrer Honorare angenommen worden war. Abgesehen davon, dass dort teilweise auch niedrigere Beträge im Streit waren, hatten die Gerichte mangels Feststellung der Höhe einer angemessenen Vergütung keinen Ansatz zur Beurteilung einer sittenwidrigen Überhöhung. Da die Beklagte ausdrücklich zugestanden hat, dass für vergleichbare Leistungen bei anderen Instituten eine Vergütung von „nur“ EUR 2.000,– bis 3.000,– zu zahlen ist, war sie sich indes bewusst, dass die von ihr geforderte Vergütung dazu in einem groben Missverhältnis steht.

II.

Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen liegen ebenfalls vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die vom Senat herangezogenen Bewertungsmerkmale zur Sittenwidrigkeit eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts stehen vollständig im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2008, 982 ff.) hatte zwar auch die Prüfung der Sittenwidrigkeit wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung zum Gegenstand. Anders als hier gaben die Feststellungen des Berufungsgerichts dafür nicht genug her. Auch waren dazu Rügen im Revisionsverfahren nicht erhoben worden (Entscheidungsgründe II. 2. am Ende). Demgegenüber rechtfertigt das gerichtliche Geständnis der Beklagten die rechtliche Würdigung des Vertrages durch den Senat als sittenwidrig in diesem besonderen Einzelfall. Der Rechtsstreit enthält keine klärungsbedürftige Frage, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGHZ 151, 221; NJW 2002, 2957; 2003, 2319; Zöller/Heßler, a.a.O., § 543 Rn. 11 m.w.N.).

Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1, 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.

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